DÜSSELDORF. Die Folgen der Nykturie werden unterschätzt, und die nächtlichen Toilettengänge sind oft ein Alarmsignal für eine therapiebedürftige Erkrankung, erinnern die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) und der Berufsverband der Deutschen Urologen (BDU).
„Fälschlicherweise wird Nykturie in der Bevölkerung vielfach als eine unvermeidbare Alterserscheinung, vorrangig des Mannes, abgetan, obwohl es der Abklärung der individuellen Ursachen bedarf“, wird DGU-Präsident Professor Kurt Miller zitiert.Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffenTatsächlich ist die Nykturie die häufigste Ursache von Schlafstörungen, aus denen wiederum Risiken für Gesundheit und Lebenserwartung der Betroffenen resultieren.
Anders als vielfach angenommen, sind Männer wie Frauen gleichermaßen betroffen, heißt es in der Mitteilung von DGU und BDU.Zuverlässige aktuelle Zahlen zur Häufigkeit gebe es nicht, nach älteren Studien leiden aber mehr als 60 Prozent aller Menschen von 70 und mehr Jahren an einer behandlungsbedürftigen Nykturie, die die Betroffenen zwei Mal oder öfter pro Nacht zum Wasserlassen treibt.Fortgeschrittenes Alter ist zwar ein wesentlicher Faktor für Nykturie, bewahrt aber jüngere Menschen nicht davor.
In der Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen sei etwa jeder fünfte bis sechste betroffen – hier öfter Frauen als Männer, teilen DGU und BDU mit.Nykturie: Symptom anderer körperlicher Störungen“Nykturie ist keine eigenständige chronische Erkrankung, sondern Symptom anderer körperlicher Störungen.
Unterschiedliche Ursachen kommen für den Drang zum nächtlichen Wasserlassen in Betracht, die zunächst im Bereich der Urinproduktion sowie im System der Speicherung und Ableitung des Harns zu suchen sind“, sagt Professor Stephan Roth.Bei vielen Nykturie-Patienten liegt eine nächtliche Polyurie vor. Sie scheiden nachts mehr als den sonst üblichen Anteil der 24-Stunden-Urinmenge aus, der für jüngere Menschen bis 20 Prozent, jenseits der 65 bis 33 Prozent liegen sollte.
Bei anderen Patienten wird eine reduzierte Kapazität der Harnblase festgestellt, die zur häufigeren Entleerung kleinerer Mengen nötigt. Besonders bei älteren Menschen fallen oft mehrere Faktoren zusammen, die für eine Nykturie ursächlich sein können: „Dazu gehören die sinkende Fähigkeit, Urin zu halten, erhöhte Restharnvolumina, Veränderungen am Detrusormuskel, niedrige Konzentration des Antidiuretischen Hormons (ADH), chronische Infekte der unteren Harnwege, überaktive Blase und bei Männern auch eine vergrößerte Prostata.Polyurie: Ist Herzinsuffizienz die Ursache?“
„Bei einer Polyurie“, so der Direktor der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Wuppertal weiter, „ist es notwendig, die Ursachen der erhöhten nächtlichen Urinproduktion abzuklären“. Infrage kommen eine Herzinsuffizienz; auch ein Diabetes, ein erhöhter systolischer Blutdruck oder Störungen der Nierenfunktion können sich, ebenso wie Medikamente, auf die Urinproduktion auswirken. Schnarchen, das mehr als die Hälfte aller Männer betrifft, und nächtliche Atemaussetzer (Schlafapnoe) etwa seien eng verknüpft mit Nykturie, die sogar als ein Leitsymptom des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms gelte, so DGU und BDU in ihrer Mitteilung.
Werde die Schlafstörung effektiv behandelt, so bessere sich auch die Nykturie. Als weiterer Risikofaktor für Nykturie wird Übergewicht betrachtet. Auch Depressionen können die Folge seinDie Folgen der Nykturie können schwerwiegend sein: Schlafstörungen führen oft zu Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwächen, Verminderung der geistigen Leistung und Kopfschmerzen.
In manchen Fällen können Depressionen die Folge sein. Dänische Forscher ermittelten, dass Nykturie die Arbeitsproduktivität um bis 24 Prozent senken kann. Besonders ältere Menschen haben erhöhte Risiken für
Stürze und Knochenbrüche. Für herzkranke Patienten wird bei gleichzeitiger Nykturie von einem erhöhten Mortalitätsrisiko ausgegangen.“Angesichts des hohen Leidensdrucks, möglicher Komplikationen und der zum Teil schwerwiegenden ursächlichen Erkrankungen wird die Notwendigkeit zur gründlichen medizinischen Abklärung einer Nykturie deutlich“, resümiert DGU-Präsident Miller. (eb)
Vgl. ärztezeitung.de v. 31.07.16