Versicherte, die auf eine außerklinische Intensivpflege angewiesen sind, sollen künftig besser versorgt werden. Entsprechend seines gesetzlichen Auftrags hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in einer neuen Richtlinie festgelegt, wie dies erreicht werden soll.
Entwöhnung von der Beatmung „sehr frühzeitig und regelmäßig“ prüfen
Der G-BA listet in seiner in der Vorwoche beschlossenen Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege eine Auswahl von Therapieleistungen auf, die verordnet werden können. Außerdem konkretisiert das Gremium, welche Voraussetzungen dabei gelten und wie die Zusammenarbeit der verschiedenen betreuenden Berufsgruppen zu koordinieren ist.
Eine wesentliche Neuerung im Vergleich zum bisherigen Leistungsanspruch besteht darin, bei beatmungspflichtig eingestuften Patientinnen und Patienten „sehr frühzeitig und regelmäßig“ zu überprüfen, ob eine Entwöhnung von der Beatmung infrage kommt.
Unethische Geschäftspraktiken unterbinden
4 Jahre nach Inkrafttreten will der G-BA evaluieren, wie die Richtlinie umgesetzt wird und wie sie sich auf die Versorgung auswirkt.
Derzeit befänden sich in Deutschland viele tausend Menschen in außerklinischer Intensivpflege, die meisten von ihnen würden beatmet, erläuterte der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Josef Hecken, am Freitag. Allein für 2019 wiesen Statistiken der Krankenkassen über 22.000 Fälle aus.
Der Gesetzgeber habe mit seinen neuen Regelungen richtigerweise darauf abgezielt, die professionelle Versorgung zu stärken und damit fragwürdige und unethische Geschäftspraktiken mit sog. Beatmungs-WGs zu unterbinden, so Hecken weiter.
In diesen WGs sei es oft nicht um eine gute und fachlich qualifizierte Versorgung schwerstkranker Menschen gegangen, sondern um Profitmaximierung, denn eine Beatmung bringe einer Einrichtung sehr viel Geld. Der G-BA habe sich deshalb gewünscht, in seiner Richtlinie auch qualitätssichernde Vorgaben zu pflegerischen, technischen und baulichen Anforderungen an die neuen Wohneinheiten machen zu können, in denen beatmungspflichtige Patientinnen und Patienten betreut werden – der Gesetzgeber habe aber diesem Wunsch nicht entsprochen, betonte Hecken.
Diese Anforderungen sollen künftig über Rahmenempfehlungen festgeschrieben und in Verträgen verankert werden.
Gesetzlich neu festgelegt sei auch, dass der Medizinische Dienst mind. einmal im Jahr die Versorgung in der Umgebung überprüft, in der die Patientinnen und Patienten versorgt werden.
Einerseits solle dies eine gute Betreuung sicherstellen, andererseits löse es aber unter vielen Betroffenen und ihren Familien, die bereits eine sehr gut funktionierende Versorgung erlebten, Ängste aus, nicht mehr selbst ihr Lebensumfeld bestimmen zu können.
„Hier sollte der Gesetzgeber genau beobachten, ob er mit seinen strikten Vorgaben, die der G-BA zu beachten hatte, nicht ungewollt Hürden für eine funktionierende und gute Versorgung in der Häuslichkeit aufgebaut hat. Er müsste dann gegebenenfalls auch aktiv werden und das Gesetz ändern.“
Sofern das Bundesministerium für Gesundheit keine rechtlichen Einwände hat, wird die neue Richtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt einen Tag später in Kraft.
Richtlinie nicht vor 2023 gültig
Der G-BA hat allerdings darauf hingewiesen, dass aufgrund der dann erst beginnenden Arbeit an den Rahmenempfehlungen und den sich anschließenden Vertragsverhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und spezialisierten Leistungserbringern eine Verordnung nicht vor Januar 2023 möglich sein wird.
Bis zu diesem Zeitpunkt gelten unverändert die bisherigen Verordnungsmöglichkeiten, die bei einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege bestehen.
Quelle: https://www.bibliomed-pflege.de/news/richtlinie-zur-ausserklinischen-intensivpflege-beschlossen
Foto: Versicherte, die auf eine außerklinische Intensivpflege angewiesen sind, sollen künftig besser versorgt werden.
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